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OLG München, 16.01.2020 - 29 U 1834/18 - 1:1 Assekuranzservice -

PRAXISHINWEISE

Die Entscheidung befasst sich erstmals mit der Frage der lauterkeitsrechtlichen Zulässigkeit des Auftretens als VM, dessen Unternehmen zu 100 % durch einen Versicherer beherrscht wird. Davon ausgehend, dass die Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO nicht davon abhänge, ob und ggf. in welchem Umfang Beteiligungen von Versicherern an dem Maklerunternehmen bestehen (LS 17), folgert der 29. ZS aus den Vorschriften der § 11 Abs. 1 Nr. 3 VersVermV 2007 bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 3 VersVermV 2018, es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, VM keinerlei Beschränkungen für Beteiligungen von VU aufzuerlegen (LS 21, 22). Diesen Willen des Gesetzgebers habe das Lauterkeitsrecht zu beachten (LS 24). Ob das in Erwägungsgrund 18 der RiLi 2002/92/EG sowie den Erwägungsgründen 40 und 47 der RiLi 2016/97/EU verankerte Prinzip der Polarisation (vgl. dazu Anm. 10.4 m.w.N. zu OLG Oldenburg, 13.01.1999) diese Annahme zulässt, oder die Vorschriften richtlinienkonform dahin auszulegen sind, dass sie einer Mehrheitsbeteiligung entgegen stehen, lässt der Senat unerörtert. Dies gilt erstaunlich auch für die von der Vorinstanz aufgeworfene und zutreffend verneinte Frage (LG Passau, 03.05.2018 LS 20, 21, 22 - 1:1 Assekuranzservice -), ob die Mehrheitsbeteiligung eines VU am Unternehmen eines VM mit dessen allgemeiner Wohlverhaltenspflicht nach § 59 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1 a Abs. 1 Satz 1 VVG zu vereinbaren ist. Denn in Ansehung des gesetzlichen Leitbildes des VM (Anm. 25.2 zu OLG München, 16.01.2020 - 1:1 Assekuranzservice -) und seiner Pflicht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG, eine objektive und ausgewogene Marktuntersuchung durchzuführen (KG, 10.05.2016 LS 11 m.w.N. - MLP 35 -; Anm. 26.1 zu OLG München, 16.01.2020), erscheint dies zweifelhaft. Auch die Annahme des Senats, die Grundsätze der Verflechtungsrechtsprechung rechtfertigten jedenfalls keine allgemeine Untersagung eines Außenauftritts als VM, die nicht an die konkret ausgeübte Vermittlungstätigkeit anknüpfe (LS 26), erscheint wegen der besonders ausgeprägten Pflichten des VM in dieser Allgemeinheit bedenklich (so auch LG Passau, 03.05.2018 LS 11, 13 - 1:1 Assekuranzservice -). Selbst die auf der Hand liegenden Interessenkonflikte, die im Leistungsfall etwa einer Berufsunfähigkeitsversicherung bestehen, wenn der Versicherer die Leistung vollständig oder teilweise ablehnt und der zu 100% von diesem beherrschte VM sich für die Durchsetzung der Leistungsinteressen des VN einsetzen muss (vgl. BGH, 14.01.2016 LS 16 m.w.N. - Verseegen Assekuranz -), hat der Senat nicht erörtert, obwohl das LG diese zutreffend thematisiert hat (LG Passau, 03.05.2018 LS 18 - 1:1 Assekuranzservice -). Immerhin ist dem VM nach der Entscheidung die Werbeaussage zu untersagen, unabhängig und neutral zu sein, welche wegen der Mehrheitsbeteiligung des Versicherers nicht zutreffe (LS 34).

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Urteil
29 U 1834/18
16.01.2020
OLG München
ECLI:DE:OLGMUEN:2020:0116.29U1834.18.0A
Marktverhaltensregelung
Vereinbarkeit des Status als VM mit einer Mehrheitsbeteiligung eines Versicherers
Irreführung durch vom VM behauptete Neutralität und Unabhängigkeit
§ 3 a UWG
§ 5 Abs. 1 UWG
§ 34 d Abs. 1 GewO
§ 34 d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GewO
§ 15 Abs. 1 Nr. 11 VersVermV 2018
§ 11 Abs. 1 Nr. 6 VersVermV 2007

ERGEBNISVORSCHLÄGE